Newsletter | 08.08.2024 M

Verkehrswende – das Thema für Familienfeier und Betriebsausflug

Sie brauchen noch ein umstrittenes Thema, um eine Familienfeier oder den Betriebsausflug zu sprengen? Vergessen Sie Sport und Steuern, es gibt neue Zahlen rund ums Thema Mobilitätsverhalten.
Über die Statistik haben wir hier bei der MOBILOTSIN – noch halbwegs freundlich – diskutiert: Nach aktuellen Zahlen der Denkfabrik Agora Verkehrswende gibt es immer mehr Autos in Deutschland, mit denen wird aber immer weniger gefahren (Foto: Altwig). Ist das schon die Mobilitätswende? Kollegin Janika Ducks wirft als Humangeographin einen Blick auf die Daten.
Genug von Statistik. Bei MOBILOTSIN-online geht es schon am 20. August um „Perspektiven sozialgerechter Mobilität - Ist an alle gedacht?!“ Das Thema ist nicht so philosophisch, wie es vielleicht klingt, wir stellen konkrete Projekte vor, die auch für Ihre Kommune interessant sind – und über die man sich nicht streiten muss.

Wir sagen Danke fürs Lesen – und wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich gerne bei uns.

Ihr MOBILOTSIN-Team

MOBILOTSIN-online:

Perspektiven sozialgerechter Mobilität - Ist an alle gedacht?!

Mobilität hat auch einen Aspekt, über den wenig gesprochen wird: Gerechtigkeit. Es ist die Frage, ob Angebote wirklich von allen genutzt werden können. Diesen Fragen gehen wir in unserer neuen Ausgabe von MOBILOTSIN-online nach – und liefern handfeste Antworten aus der Praxis.

Termin ist Dienstag, der 20. August (10 bis 12 Uhr). Eine Einführung ins Thema gibt Dr. Kerstin Stark, sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin am Institut für Verkehrsforschung des DLR in der Forschungsgruppe ÖPNV und intermodale Angebote. Wie Kommunen das Thema vor Ort angehen, erfahren Sie in den praktischen Beispielen:

Das Projekt "Social2Mobility" wird durch Dr. Moritz Engbers von der Region Hannover präsentiert und greift Aspekte des Radverkehrs auf. Einblicke in die Stadtplanung und die sozialgerechte Gestaltung von Innenstädten wird Ihnen Alexandre Fuchs mit dem Projekt „Besitzbare Stadt" aus Brühl geben. Welche Rolle On-Demand-Verkehre einnehmen, um auch mobilitätseingeschränkten Personen Mobilität zu ermöglichen, wird Ihnen Sandra Sperling vom Landkreis Harburg berichten.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Die Einwahldaten schicken wir Ihnen einige Tage vorher zu.

Neue Statistik von Agora Verkehrswende

Ist die Mobilitätswende schon geschafft?

Die Denkfabrik Agora Verkehrswende hat jetzt überraschende Zahlen vorgelegt. Demnach gibt es immer mehr PKW in Deutschland, mit ihnen wird aber weniger Strecke zurückgelegt. Janika Ducks, Humangeographin aus dem MOBILOTSIN-Team, hat sich den Text vorgenommen. Am Ende bleiben vor allem offene Fragen.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, hoppla, haben wir die Mobilitätswende schon geschafft? Die Süddeutsche Zeitung schrieb jedenfalls am 12. Juli 2024 von einem „Mond-Moment der Verkehrsgeschichte“ und einer Abkehr vom „Fetisch Auto“. Nicht mitgekommen? Nun gut, Sie hätten auch im Feuilleton und nicht im Politikteil nachschlagen müssen.

Die Agora Verkehrswende hat ein Gutachten bei der Managementberatung KCW beauftragt und die Verkehrsentwicklung in Deutschland von 2019 bis 2023 untersuchen lassen. Dabei ging es um die Frage, wie die Corona-Pandemie die Verkehrsnachfrage beeinflusst hat.

Fangen wir mit den weniger guten Nachrichten an: Der PKW-Bestand steigt beständig und auch aggressives Fahrverhalten nimmt, laut der Umfrage „Verkehrssicherheit in Deutschland 2023“ der Unfallforschung der Versicherer (UdV), zu. In Zahlen bedeutet das, dass im Jahr 2023 knapp 50 Millionen Autos zugelassen waren. Auch wenn der Bevölkerungsanstieg mit eingerechnet wird, liegt der Anstieg bei 1,7 % von 2019 (566 Pkw / 1000 Einwohner) zu 2023 (576 Pkw / 1000 Einwohner). Soweit der bekannte Trend, aber jetzt wird es interessant. Denn das Besondere, dass das Gutachten festgestellt hat, ist, dass der Autoverkehr auf Bundesstraßen und Autobahnen abgenommen hat. Das steht im Widerspruch zu der klassischen Annahme, dass mehr Fahrzeuge auch automatisch mehr Verkehr erzeugen. Ein Blick auf den ÖPNV-Verkehr zeigt ebenfalls eine ambivalente Veränderung. Es sind weniger Menschen mit den Öffis, gerade mit lokalen und regionalen Angeboten unterwegs als noch vor der Pandemie. Dafür legen die Reisenden aber im Durchschnitt längere Strecken zurück und sind relativ gesehen in größerer Zahl zum Fernverkehr auf der Schiene zurückgekehrt. Auch der Modal Split, also die Zusammensetzung, mit welchen Verkehrsmitteln die Wege zurückgelegt werden, ist im Großen und Ganzen unverändert geblieben.

Haben wir nun die Mobilitätswende geschafft, weil wir unsere Wege reduzieren? Ist die Quintessenz des Gutachtens, dass wir durch die Corona-Pandemie zu Stubenhockern geworden sind? Eine wichtige Rolle spielt, meines Erachtens das Homeoffice. Denn erst durch die Pandemie erlebte diese Arbeitsform einen ungeahnten Aufschwung und ist zumindest der einen oder dem anderen auch erhalten geblieben.

Die tieferliegenden Gründe, warum sich das Mobilitätsverhalten von 2019 bis heute in dieser Form geändert hat, bedürfen weiterer Untersuchungen – das sagen auch die Autorinnen und Autoren. Gerade die Beweggründe interessieren uns doch, oder? Wollen wir nicht alle auch wissen, warum Wege im Fernverkehr länger werden, trotz der nachlassenden Performanz der Bahn? Ebenso spannend ist auch die Frage, warum der Zuwachs des Radverkehrs in der Pandemie sich nicht überall halten konnte. Und ganz besonders die Frage, warum das Auto in den Köpfen und Straßen trotz abnehmender Nutzung so präsent ist und was gegen den „Fetisch-Auto“ zu tun ist. Die Mobilitätswende ist eben nicht geschafft, so lange mehr Autos gekauft werden – und so noch zusätzlicher Platz im öffentlichen Raum durch stehende Fahrzeuge blockiert wird.

Für mich persönlich bedeutet Mobilitätswende mehr Freiheit und nicht Verzicht und auch kreative und manchmal ungewöhnliche Perspektiven und Wege einzuschlagen. Dann würden nächste Studien und Gutachten bestimmt auch zeigen, dass nicht nur die Wege nachhaltiger zurückgelegt werden, sondern dass es auch weniger Stehzeuge in den Straßen gibt.

Lehrgang Mobilitätsmanagement startet im November

Impulse und Vernetzung für die Verkehrswende vor Ort

Mit neuen Mobilitätskonzepten lässt sich der ÖPNV vor Ort verbessern, zudem kann die Lebensqualität und die Attraktivität von Städten, Gemeinden und Landkreisen steigen. Wie? Das vermittelt unser nächster Lehrgang „Kommunales Mobilitätsmanagement“. Er startet am 25. November, Anmeldungen sind noch möglich.

Viele Stellschrauben können Kommunen selbst drehen. Die vielen Möglichkeiten stellen Führungskräfte, Referentinnen und Referenten und Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter aber auch vor immense fachliche Herausforderungen. Dazu kommt die Frage: Passen die bisherigen Strukturen und Verteilung der Aufgaben noch? 117 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben beim Lehrgang bereits mitgemacht, sie haben dem Angebot die Schulnote „2+“ gegeben.

Die Termine für den neuntägigen Lehrgang:

Modul 1 – Basiswissen: Mobilitätsmanagement in der Verwaltung

25.11.2024 - 27.11.2024 | Lüneburg

Modul 2 – Handlungsfelder

27.01.2025 - 29.01.2025 | Hannover

Modul 3 – Kommunikation

24.03.2025 - 26.03.2025 | Cuxhaven

Sie wollen mehr wissen? Wir bieten Ihnen einen unverbindlichen Austausch zum Lehrgang an. Hier erhalten Sie alle Details und können Rückfragen stellen. Schalten Sie sich zu bei „MOBILOTSIN-online: der Lehrgang Kommunales Mobilitätsmanagement kurz erklärt“.

Es zwei Termine: 20. August 2024, 10:00 bis 10:45 Uhr sowie 10. September 2024, 09:00 bis 09:45 Uhr.