Newsletter | 17.12.2020 M

Editorial

Wir sind da – und zwar für Sie! Die MOBILOTSIN, eine Beratungseinheit der LNVG, ist offiziell an den Start gegangen. Wir wollen Gemeinden, Städte, Landkreise, Aufgabenträger und Initiativen dabei unterstützen, neue Herausforderungen im Mobilitätsbereich zu meistern und Alternativen zum Auto zu bieten. Es geht um den Austausch von Ideen und Informationen. Details finden Sie auf unserer Website www.mobilotsin-niedersachsen.de.

Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann hat uns ins Stammbuch geschrieben: „Gerade auch in diesen Tagen verlieren wir die Zukunftsfragen rund um die Mobilität nicht aus den Augen.“ Den Auftakt haben wir deshalb gleich im Dreierpack absolviert: „Mobilitätsmanagement³: kommunal. betrieblich. touristisch.“ hieß unser Webseminar.

Unsere Arbeit wird von einer breiten Initiative getragen. Netzwerkpartner sind: der Niedersächsische Landkreistag, der Niedersächsische Städtetag, der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund, die Arbeitsgemeinschaft der Niedersächsischen ÖPNV-Aufgabenträger, die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH und das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung.

Was können wir für Sie tun? Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich gerne bei uns.

Ihr Team MOBILOTSIN

Web-Seminar zum Mobilitätsmanagement

„Gerade jetzt verlieren wir die Zukunft nicht aus den Augen“

Drei Vormittage lang hat die MOBILOTSIN Vorträge und Diskussionsrunden angeboten -  Thema des Web-Seminars war: „Mobilitätsmanagement³: kommunal. betrieblich. touristisch.“. Wegen der Pandemie fand die Veranstaltung online statt.

Dr. Bernd Althusmann, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, sagte mit Blick auf die Pandemie: „Gerade auch in diesen Tagen verlieren wir als Land die Zukunftsfragen rund um die Mobilität nicht aus den Augen.“ In seinem Grußwort erläuterte Dr. Althusmann, Mobilität mit Alternativen zum eigenen Auto sei auch ein Beitrag zum Klimaschutz. Es gehe der MOBILOTSIN auch darum, Initiativen in Landkreisen und Kommunen anzustoßen: „Wenn alle zusammenarbeiten lässt sich hier vor Ort viel erreichen. Gerade, um die Mobilität der Bevölkerung auf dem Land zu gewährleisten, sind neue Konzepte und flexible Verkehrsangebote gefragt.“ Etwa Bedarfs- oder on Demand-Verkehre. „Wir brauchen auf die Situation vor Ort abgestimmte Ideen und Lösungen – sowie eine gute Vernetzung verschiedenster Angebote der Mobilität.“ Dabei müssten auch Verkehrs- und Taxiunternehmen beteiligt werden.

Theo Jansen, Vorsitzender der Deutschen Plattform für Mobilitätsmanagement e. V., betonte, die kommunale Verkehrswende sei nicht nur ein Thema der Verkehrsplanung, sondern vor allem eine kulturelle und kommunikative Aufgabe. Ein Wandel müsse tatsächlich gewollt und das Ziel festgeschrieben sein. Dabei müsse es für alle Einwohner*innen eine positive Botschaft geben. Jansen sagte, der Wandel sei nur möglich, wenn das Auto nicht mehr im Mittelpunkt aller Überlegungen stehe. Der ÖPNV müsse verbessert werden, um einen Umstieg zu erreichen, gleichzeitig müsse aber zum Beispiel das Parken teurer werden. Es brauche einen gewissen Druck, um Alternativen zum Auto zu fördern: „Ohne Push geht es nicht.“

LNVG-Geschäftsführerin Susanne Haack (siehe Foto) betonte, Alternativen zum Auto zu schaffen, „die Einwohner*innen gerne nutzen“, sei für Kommunen eine Notwendigkeit: „Auch bei der Qualität neuer Mobilitätsformen stehen die Kommunen im Wettbewerb miteinander. Immer mehr Einwohner erwarten nicht nur schnelles Internet, sondern auch gute, aufeinander abgestimmte Verkehrsangebote. Fallen Sie da nicht zurück!“ Haack verwies auch auf den Lehrgang für die Fortbildung „Kommunales Mobilitätsmanagement“, den die MOBILOTSIN im kommenden Jahr erstmals in Niedersachsen anbieten wird: „Mobilitätsmanagement ist die Chance, bessere, vernetzte Verkehrsangebote für alle zu schaffen. Und Klimaschutz ist das auch noch.“

Interview mit Stephan Rammler

Interview mit Stephan Rammler

Prof. Dr. Stephan Rammler ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin. MOBILOTSIN hat mit ihm über die Verkehrswende nach Corona und die angeblichen „Chancen in der Krise“ gesprochen.

Aus den Medien sind die Begriffe „Verkehrswende“ und „Klimawandel“ derzeit so gut wie verschwunden. Hat sich das Thema auch auf lange Sicht erledigt?

Nein. Klimawandel bleibt das große Risiko vor dem wir stehen. Derzeit fließt viel Geld in die Stützung der Wirtschaft nach dem Gießkannen-Prinzip. Es wird darum gehen, das so bald wie möglich wieder zielgerichteter auch in die Verkehrswende zu investieren, um die CO2-Emissionen zu verringern.

ÖPNV und SPNV sind vor einem Jahr ganz selbstverständlich als Rückgrat der Verkehrswende in Großstädten gedacht worden. Die Pandemie schreckt nun Fahrgäste ab. Wird der öffentliche Verkehr seine Bedeutung zurückgewinnen?

In den Großstädten sehen wir derzeit eine massive Stabilisierung des Individualverkehrs mit Verbrennerfahrzeugen. Beim Fahrrad gibt es derzeit einen kleinen Boom. Bus und Bahn, aber auch neue Angebote wie Ride-Pooling verlieren. Der ÖPNV wird in den Großstädten aber seine Bedeutung behalten. Metropolen funktionieren nicht ohne Massentransportmittel. Wir müssen am ÖPNV im Grunde gar nicht so viel ändern. Wir brauchen aber für die Nutzung eine neue Etikette. Breit akzeptierte Verhaltensmuster, wie es sie zum Beispiel in Asien schon gibt: Wer krank ist, bleibt zu Hause, um andere nicht zu gefährden. Man trägt Maske.

Stichwort mehr Fahrrad-Nutzung. Ist das eine dieser oft beschworenen „Chancen in der Krise“?

Ja, die gestiegene Fahrradnutzung wird bleiben. Die Politik sollte unbedingt die Gelegenheit nutzen, Pop-Up-Bike-Lanes, also spontan geschaffene Radwege, beizubehalten. Dem Auto muss jetzt Platz weggenommen und dem Fahrrad zur Verfügung gestellt werden. Gute Radwege und sichere Abstellplätze sind die wichtigste Infrastruktur für mehr Radverkehr.

„Wegnehmen“ ist immer unpopulär.

Da dürfen wir uns nichts vormachen. Verkehrswende wird nur funktionieren, wenn die Nutzung des Autos erschwert wird und die Nutzung anderer Verkehrsmittel erleichtert wird. Das haben alle Städte, die heute als Beispiele mit hoher Lebensqualität gelten, so gemacht: Wien, Amsterdam, Kopenhagen. ÖPNV wurde ausgebaut. Parkraum wurde verknappt und verteuert. Und um an die vorherige Frage anzuknüpfen: Wir sehen durchaus auch noch andere Chancen: Auch Home-Office spart CO2, wir sehen jetzt, dass das ganz gut funktioniert. Große Hoffnungen setze ich in City-Logistik, um Lieferfahrten zu optimieren.

Wir haben jetzt viel über Großstädte gesprochen. Wie steht es um die Verkehrswende im ländlichen Raum?

Menschen sind in manchen Regionen fürs Pendeln aufs Auto angewiesen. Das ist den Auto-Nutzern dort auch nicht vorzuwerfen, wenn Angebote fehlen. Aber dort hat dann natürlich der Autoverkehr einen großen Anteil beim CO2-Ausstoß. Dort brauchen wir dann natürlich CO2-sparende Fahrzeuge. Hinzu kommt, dass die Siedlungs- und Steuerpolitik in der Vergangenheit das Pendeln begünstigt hat, hier muss es zu einem Umdenken und Umlenken kommen.

Sie sagten „wenn Angebote fehlen“. Warum fehlen die? Wo sehen sie Handlungsbedarf?

Wie gesagt, wir müssen akzeptieren, dass nicht jede ländliche Region autofrei werden kann. Nötig ist trotzdem: Der Ausbau von digitaler Infrastruktur für neue Wohn-, Konsum- und Arbeitsmodelle im Homeoffice, Ausbau von Schnellradwegen über Land, flexible Angebotsformate für den öffentlichen Verkehr für die Menschen auf dem Land, die kein Auto besitzen. Und ich empfehle das E- Auto mit „Range Extender“, also z.B. einen kleinen Verbrennungsmotor, und eine entsprechend ausgerichtete staatliche Regulierungspraxis inklusive des Ausbaus von Ladeinfrastrukturen.

Interview mit Sarah Schmidtke

Interview mit Sarah Schmidtke

Sarah Schmidtke ist Mobilitätsmanagerin im Fachdienst Stadt- und Verkehrsplanung der Stadt Göttingen. Es gibt bislang in Niedersachsen erst wenige Menschen mit dieser Qualifikation. Schmidtke empfiehlt, den neuen Lehrgang der MOBILOTSIN zu besuchen: „Neben viel fachlichem Input und Austausch bekommt man Hilfestellung für die Umsetzung vor Ort und vernetzt sich dabei mit anderen Kommunen.“

Frau Schmidtke, was reizt Sie daran, Mobilitätsmanagerin zu sein?

Die Gelegenheit, etwas in der Kommune zugunsten einer nachhaltigeren Mobilität für die Menschen zu verändern und neue Themenbereiche der Mobilität sind das Spannende an dieser Aufgabe.

Sie haben ja den Lehrgang zur „Kommunalen Mobilitätsmanagerin“ in NRW besucht. Ein vergleichbares Angebot wird es bald erstmals auch in Niedersachsen geben. Empfehlen Sie, einen Lehrgang zu besuchen? Und wenn ja, warum?

Die Erfahrungen aus dem Lehrgang sind sehr vielseitig und positiv. Eine Teilnahme kann ich auf jeden Fall empfehlen. Neben viel fachlichem Input und Austausch bekommt man Hilfestellung für die Umsetzung vor Ort und vernetzt sich dabei mit anderen Kommunen.

Göttingen hat 135.000 Einwohner*innen. Mehr als ein Viertel davon sind Studierende. Ist Mobilitätsmanagement in einer Uni-Stadt anders als zum Beispiel in einer industriell geprägten Kommune?

Da hat jede Stadt sicher ihre eigenen Strukturen und Besonderheiten. Göttingen hat viele Studierende, die viel Fahrrad fahren. Das trägt sicherlich auch zum hohen Anteil des Umweltverbundes am Modal Split in der Stadt bei. Fahrradfahren gehört bei uns einfach dazu und das erleichtert es vermutlich, weitere Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die das Radeln fördern.

Was ist die wichtigste Mobilitätsfrage, die in Göttingen gelöst werden muss?

Sicheres Fahrradfahren beansprucht Platz. Den können wir nicht herbeizaubern, und das birgt Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmer*innen. Ich denke da vor allem an die Innenstadt und die Hauptverkehrsstraßen. Ein weiteres Stichwort ist die Barrierefreiheit, hier ist noch Luft nach oben. Ob zu Fuß, per Rad oder mit dem Auto: Die verschiedenen Varianten spielen wir in Göttingen nicht gegeneinander aus. Aber wir stellen Fragen, die hier und da vielleicht weh tun. Warum zum Beispiel geht man bei der Verkehrsplanung oft vom Auto als Maßstab aus? Solche Denkmuster durchbrechen wir gerade in Göttingen. Mit Erfolg. Die Zahl unserer Fahrradstraßen wächst, der Radschnellweg wird immer weiter ausgebaut.

Geben Sie doch bitte einen Tipp für den Start. Was könnte das erste Projekt einer Kommune sein?

Das hängt natürlich immer sehr von den Verhältnissen vor Ort ab. Oft hilft es mit einem kleinen Projekt anzufangen, um einen Erfolg zu erzielen und den Nutzen hervorzuheben. Das motiviert dann für weitere Schritte. Ein erstes Projekt könnte zum Beispiel die Planung eines Aktionstages oder ein Projekt zum Betrieblichen Mobilitätsmanagement sein.

Hat die Arbeit auch mit der persönlichen Einstellung zu tun?

Absolut. Mir ist es wichtig, von der nachhaltigen Mobilität überzeugt zu sein, um auch andere überzeugen zu können. Auch sollte man sich von dem Spruch „Das haben wir noch nie so gemacht“ nicht so schnell einschüchtern lassen.

So beginnt Verkehrswende: Erster „Lehrgang Kommunales Mobilitätsmanagement“

So beginnt Verkehrswende: Erster „Lehrgang Kommunales Mobilitätsmanagement“

Was bringt kommunales Mobilitätsmanagement (KMM)?
Für moderne Mobilität braucht es Verkehrs- und Siedlungsplanung, die den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als Rückgrat für Mobilität begreift. Zusätzlich müssen Kommunen attraktive Angebote schaffen. Nötig sind unter anderem sichere Fuß- und Radwege, Car- und Bike-Sharing-Systeme sowie der Ausbau von Bus- und Bahnangeboten. Mobilitätsstationen können die Angebote verknüpfen. Durch eine hierzu passende Beratungs- und Öffentlichkeitsarbeit kann der Personenverkehr effizienter, umwelt- und sozialverträglicher gestaltet werden.

Mobilitätsmanagement ist der Oberbegriff für dieses zielorientierte Vorgehen. KMM führt die Planungen in der Kommune zusammen. Alle Fachleute aus verschiedenen Bereichen und Zuständigkeiten werden rechtzeitig an einen Tisch geholt. Bei Mobilität geht es nicht nur um Straßen und Wege – es geht auch um Wirtschaft, Schule, Tourismus, Lebensqualität. KMM identifiziert die Stellschrauben im Planen und Handeln Ihrer Verwaltung, um zu zukunftsweisenden Ergebnissen zu kommen.

Ein neues Angebot der MOBILOTSIN unterstützt Sie jetzt:
Erstmals gibt es in Niedersachsen den „Lehrgang Kommunales Mobilitätsmanagement“. Mit den dort gewonnenen Qualifikationen kann unter anderem ein Fahrplan zur Einführung von Mobilitätsmanagement in Ihrer Kommune entwickelt werden. Lassen Sie sich vormerken, einige wenige Plätze sind noch frei.

MOBILOTSIN – unsere Partner und wir

MOBILOTSIN – unsere Partner und wir

MOBILOTSIN – die Beratungseinheit der LNVG wird von einem Netz starker Partner getragen. Dabei sind: die Arbeitsgemeinschaft der Niedersächsischen ÖPNV-Aufgabenträger, der Niedersächsische Landkreistag, das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund, der Niedersächsische Städtetag und die Landesnahverkehrsgesellschaft.

Dr. Bernd Althusmann, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. „Es ist wichtig, dass wir hier alle am gemeinsamen Ziel arbeiten. Fragen der Mobilität lassen sich viel besser lösen, wenn nicht jede Kommune für sich alleine nach Lösungen suchen muss“, sagt Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann. „Die Herausforderung ist, den ÖPNV so attraktiv zu machen, dass er eine echte Alternative zum eigenen Auto darstellt und das auch im ländlichen Raum.“

Carmen Schwabl, Sprecherin der Geschäftsführung der LNVG, erläutert: „Auch bei der Qualität der Verkehrsangebote stehen die Kommunen im Wettbewerb miteinander. Immer mehr Einwohner erwarten schließlich nicht nur schnelles Internet, sondern auch gute auf einander abgestimmte Verkehrsangebote.“

Prof. Dr. Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages sagt für  die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens: „Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie stehen wir vor einer noch größeren Herausforderung, die Menschen für alternative Mobilitätsformen zu begeistern. Ein abgestimmter Mobilitätsmix, der die Vorzüge von umweltfreundlichen Lösungen wie dem Radverkehr und ÖPNV mit der Flexibilität des motorisierten Individualverkehrs verbindet, kann hierzu einen Beitrag leisten. Um den Verkehr in den Städten nicht zum Erliegen zu bringen, aber gleichzeitig die ländlichen Räume nicht aus den Augen zu verlieren, unterstützen wir den ganzheitlichen Ansatz auch von kommunaler Seite.“

Christof Herr, Geschäftsführer des Zweckverband Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) für die Arbeitsgemeinschaft der Niedersächsischen ÖPNV-Aufgabenträger erläutert: „Die Mobilität von morgen wird insbesondere von der kommunalen Eben vor Ort gestaltet. Deshalb ist der Erfahrungsaustausch zwischen den Kommunen und die Unterstützung durch das Netzwerk MOBILOTSIN ein wichtiger Beitrag hierfür.“